SPD Baden- Württemberg positioniert sich mit eigener Programmnote.

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Ute Vogt: „Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der Regeln setzen und gestalten kann – das ist der Kern der Auseinandersetzung mit den Konservativen“

SPD- Landesvorsitzende fordert im neuen Grundsatzprogramm die Überwindung des dreigliedrigen Schulsystems, die Dezentralisierung der Energiewirtschaft und die Beibehaltung der Bahn in öffentlicher Hand.

Auf ihrem Landesparteitag am Samstag wird die SPD Baden- Württemberg programmatische Weichen für die Zukunft stellen. Im Rahmen der laufenden Debatte über das neue Grundsatzprogramm will sich die Landes- SPD in Bühl mit einer eigenen Programmnote inner- wie außerparteilich positionieren. Im Focus der Debatte sieht die SPD- Landes- vorsitzende Ute Vogt dabei die Rolle und Aufgaben des Staates.

„Um unsere Antworten für die großen Fragen unserer Zeit durchzusetzen, brauchen wir einen international wie national handlungsfähigen Staat, der Regeln setzen und gestalten kann. Das ist für mich der Kern der programmatischen Auseinandersetzung mit den Konservativen“, so Ute Vogt.

Die SPD- Chefin erwartet einen diskussionsfreudigen Parteitag. Die weit über 300 vorliegenden Anträge von Ortsvereinen und Kreisverbänden zeigten, dass der Wunsch auf Mitwirkung an der programmatischen Zukunft der Sozialdemokratie immens groß ist, so Vogt. „Diese überwältigende Resonanz ist ein gutes Zeichen für eine lebendige Volkspartei.“

Programmnote zur Positionsbestimmung

Bereits im Vorfeld des Parteitags habe der Landesvorstand die zahlreichen Anregungen und Anforderungen aus der Partei gesichtet und diskutiert, erklärte die SPD- Landes- vorsitzende. Viele der Vorstöße habe man in einer Programmnote aufnehmen können, die nun als Leitantrag in Bühl vorliege. „Damit wollen wir eine Positionsbestimmung der SPD Baden- Württemberg für den Bundesparteitag Ende Oktober in Hamburg vornehmen“, so Vogt.

Ein elementarer Bestandteil dieser Programmnote werde das Staatsverständnis der SPD sein. „Für uns sind Bildung, Sicherheit, soziale Sicherung sowie die Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und öffentlicher Infrastruktur Kernaufgaben, die der Staat gewährleisten muss. Das sind keine Waren, die den Marktprinzipien von Angebot und Nachfrage überlassen werden dürfen“, betonte Vogt.

Die SPD- Landesvorsitzende verdeutlichte, zwar könne die Privatisierung von staatlichen Aufgaben durchaus einmal zweckmäßig und verantwortbar sein. „Wir widersprechen aber energisch Privatisierungen, die die Kernaufgaben des Staates berühren“, so Vogt, „denn Kernbereiche öffentlicher Daseinsvorsorge können wir nicht den Renditeerwägungen globaler Kapitalmärkte aussetzen“.

Daher wolle die Landes- SPD die Verantwortung der öffentlichen Hand für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur zum Wohle der Allgemeinheit herausstellen. „Da- zu zählt für uns zum Beispiel die Verantwortung für die Wasserversorgung ebenso wie die für Wohnraum in kommunaler Hand und die Gesundheitsversorgung.“

Vogt nannte insbesondere drei Politikbereiche, in denen die Programmnote des Landesvorstands der SPD Baden- Württemberg konkretere und weitergehende Forderungen gegenüber dem bisherigen Programmentwurf der Partei erhebt: Die Überwindung des dreigliedrigen Bildungssystems, die Dezentralisierung der Energiewirtschaft sowie das Bekenntnis zur Beibehaltung der Deutschen Bahn AG in öffentlichem Eigentum.
Überwindung des dreigliedrigen Schulsystems

Die stellvertretende SPD- Parteivorsitzende forderte zum einen, dass der Staat die Rahmenbedingungen dafür schaffen müsse, allen Kindern Chancengleichheit und Gleichwertigkeit ihrer Lebensentwürfe zu gewährleisten. Darum sei der kostenfreie Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen – vom Kleinkind bis zum Studierenden – das Ziel der Landes- SPD.

„Aus Gründen der Bildungsgerechtigkeit wollen wir Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen darüber hinaus ganztägig zur Verfügung stellen“, sagte Ute Vogt. „Ganztagsunterricht für Schulen soll das Regelangebot in Baden- Württemberg werden!“

Die SPD wolle beste Bildung für alle nicht durch frühe Selektion, sondern durch individuelle Investitionen erreichen, bekräftigte die SPD- Chefin. „Dazu wollen wir das drei- gliedrige Schulsystem überwinden. Nicht Auslese der Schwierigen, Schwächeren oder Begabten, sondern die beste Förderung jeder Begabung muss die Maxime des Lernens werden“, so Vogt.

„Schule muss sich aus sich selbst heraus entwickeln können – dazu braucht sie auch Autonomie, Evaluierung und Unterstützung statt starrer Vorgaben von oben.“

Dezentralisierung der Energiewirtschaft

Die SPD- Chefin betonte zweitens, Energie gehöre zu den elementaren Grundbedürfnis- sen in einer zivilisierten Welt, die gewährleistet werden müssten. Der erschwingliche Zu- gang von allen zu Energie müsse von Staats wegen gesichert sein.

„Für uns liegt die Zukunft der Energieversorgung in der Abkehr von fossilen Stoffen, ein- schließlich Uran. Dies bedeutet auch eine Abwendung von Strukturen zentral organisierter Versorgung durch große Kraftwerke“, erklärte Vogt. „Kleinere, dezentrale Einheiten schaffen unabhängige Energieversorgung und bieten breiten Zugang zu Energie.“

Gerade die Preistreiberei durch wenige Monopolisten im Energiesektor würde damit un- möglich gemacht, so die SPD- Vorsitzende. Es sei realistisch, den Energieensatz durch mehr Effizienz und Einsparung bis zur Mitte des Jahrhunderts auf ein Viertel zu senken.

„Gleichzeitig können wir die fossilen Energieträger vollständig durch erneuerbare Energien ersetzen. Wir wollen in einer Menschheitsgeneration den vollständigen Umstieg auf die erneuerbaren Ressourcen schaffen“, sagte Vogt. „Dies wollen wir als Perspektive aus dem Südwesten in das neue Grundsatzprogramm der Sozialdemokratie aufneh- men.“

Beibehaltung der Bahn in öffentlicher Hand

Drittens wies die SPD- Landesvorsitzende auf mehrere Anträge aus Parteigliederungen in Baden- Württemberg hin, in denen die auf Bundesebene geplante Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn abgelehnt wird. Diese Anträge fänden ihre Unterstützung, so Vogt: „Die Kernaufgabe der Bahn ist es, eine breite, flächendeckende Verkehrsversorgung mit öffentlicher Mobilität in Deutschland sicherzustellen. Deshalb muss die Schieneninfrastruktur vollständig in öffentlichem Eigentum bleiben.“

Die Bahn erfülle einen originär öffentlichen Dienstleistungsauftrag, der weder mit einer Ausrichtung als internationalem Logistikkonzern, noch mit Renditeerwägungen des Kapitalmarkts in Einklang zu bringen sei, unterstrich die SPD- Politikerin. Das natürliche Monopol des Netzes müsse daher vollständig und unmittelbar in öffentlichem Eigentum und öffentlicher Verfügungsmacht bleiben.

Vogt: „Mit einer Privatisierung der Bahn würde der Bund auf irreversible Weise die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gestaltungsmöglichkeiten verlieren.“

„Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verpflichtet“

Neben der Rolle des Staates würden in der Programmdebatte auf dem Landesparteitag selbstverständlich auch andere Fragen der Zeit im Mittelpunkt stehen, so Vogt – etwa eine gerechte Gestaltung der Globalisierung, der Erhalt der Lebensgrundlagen sowie nachhaltige Wertschöpfung. Darüber hinaus gehe es im Grundsatzprogramm um die Gestaltung des demografischen Wandels, um den vorsorgenden Sozialstaat, um dauer- hafte soziale Sicherung und die Überwindung von Armut.

Ute Vogt: „Wir sind unseren Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verpflichtet. Nur wer diesen Grundwerten gleichrangig zur Geltung für jeden einzelnen Menschen verhilft, wird insgesamt eine Gesellschaft erreichen, in der Freiheit nicht auf Kosten anderer gelebt wird.“

 

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