Rückblick: Kreisparteitag und Mitgliederkonvent.

Wahlkreis

Anträge, Diskussionen und Grundsatzprogrammdebatten.
Der Kreisparteitag im Rolf-Engelbrecht-Haus in Weinheim unterschied sich in mehrfacher Hinsicht von früheren: Zum einen wurde über das neue Grundsatzprogramm der SPD diskutiert, das Ende diesen Jahres fertiggestellt sein soll – bedeutsam deshalb, weil das derzeitig gültige Grundsatzprogramm von 1989 ist. Gleichzeitig jedoch war der Parteitag als Mitgliederkonvent angelegt.

Als Gastrednerin war mit Elke Ferner eine Expertin in den Bereichen Gesundheit und Soziales anwesend, die mit ihrem Referat „Die Zukunft des Sozialstaats – vorsorgend und nachhaltig!" auf viel Zustimmung hoffen durfte und nicht enttäuscht wurde; Kritik musste sie sich allerdings ebenfalls anhören. So formulierte sie, dass es nötig sei, den vorsorgenden Sozialstaat weiter zu entwickeln und dass man „rechtzeitig in Familien reingehen" müsse. Auch die Notwendigkeit der Vernetzung der Sozialpolitik mit anderen Bereichen betonte sie. Hier zeigte sie Parallelen zur Gleichstellungspolitik auf.

Ziele des vorsorgenden Sozialstaates müssten sein, die „großen Lebensrisiken" Krankheit und Arbeitslosigkeit abzusichern – das Alter klammerte sie hier ausdrücklich aus. Ein weiteres Ziel müsste die Teilhabe aller Menschen an unserem Gesellschaftssystem sein: Zusammenfassend beschrieb sie diese Ziele als „Emanzipation, Teilhabe, Sicherheit" und hob hervor, dass „aktuelle Diskussionen die Menschen verunsichern" würden.

Der nächste, wirklich wichtige Punkt auf ihrer Liste waren die Mindestlöhne – sie machte klar, dass man in anderen europäischen Ländern gute Erfahrungen mit Mindestlöhnen gemacht habe und dass man sie deshalb auch in Deutschland einführen müsse; an dieser Stelle brandete im Saal allgemeiner Applaus auf – ein Zeichen, dass dieses Thema allen Genossen unter den Fingernägeln brennt und offensiv angegangen werden muss.

Weiterhin stellte Elke Ferner klar, dass Arbeit nicht krank machen dürfe, dass Arbeit für Eltern möglich sein müsse – hier erwähnte sie auch, dass in Deutschland Frauen noch immer die gleichen Berufe und Studiengänge wählen wie vor 30 Jahren und dass das Lohngefälle zwischen Mann und Frau nirgends in Europa so hoch wie in Deutschland sei.

Auch betonte sie die Notwendigkeit eines starken Staates, da sich „nur Reiche einen schwachen Staat leisten" können. Die Grundwerte der SPD, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, sind ihrer Meinung nach noch heute wichtig, vielleicht wichtiger denn je: „Wenn man weiß, woher man kommt, weiß man auch, wohin man geht."

In der anschließenden Diskussion gingen einige Teilnehmer weniger auf das Grundsatzprogramm und den vorsorgenden Sozialstaat ein, sondern vielmehr auf tagespolitische Themen – was nichts Schlechtes sein muss, sondern lediglich ein Zeichen dafür ist, dass tagespolitische Themen natürlich mehr zu bewegen wissen als eine doch eher „akademische" Diskussion über ein neues, im Werdegang befindliches Grundsatzprogramm. Die Forderung nach weniger Text und mehr Klarheit trat im Verlauf der Diskussion zutage – das „Prägezeichen" für das künftige Hamburger Programm fehlt noch.

In den beratenen Anträgen kam die soziale Komponente des neuen Programms mit Themen wie der Sicherung regulärer Arbeitsverhältnisse und dem Zusammenleben der Generationen ebenfalls zum Ausdruck. Aber auch der Wunsch nach klaren Aussagen wurde nochmals deutlich, so wurde die Partei aufgefordert, das künftige Grundsatzprogramm „kurz, prägnant und verbindlich“ zusammenzufassen

Alles in allem war es ein spannender Parteitag mit gleichzeitigem Konvent – anstrengend für die Helfer, interessant für die Besucher. Ebenfalls neu und ein spannendes Projekt ist die Neumitgliederkampagne der Jusos Rhein-Neckar, die auf diesem Parteitag zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde – die Jusos wollen aktiv werden und mehr Neumitglieder anwerben. Sie nutzten die Gelegenheit des Parteitages und warben für Unterstützung und Spenden für ihre Aktion.

Christian Soeder