Stellungnahme der SPD-Gemeinderatsfraktion Edingen-Neckarhausen zum Tagesordnungspunkt "Mittelgewann"

Fraktion

Begründung unseres Antrages und Stellungnahme

Vor dem Einstieg in die Beratung und Beschlussfassung möchten wir darlegen, dass wir die Argumente, Bedenken und Diskussionsgrundlagen derjenigen, die zu diesem TOP eine gegenteilige Meinung zu unserer haben und diese in den vergangenen Tagen und Wochen auch an uns herangetragen haben, in unseren vorbereitenden Diskussionen mit berücksichtigt haben.

 

Wir respektieren und verstehen die Beweggründe anderer Parteien und Bürgergruppen, die in einer gegenteiligen Auffassung zu unserer stehen.

 

Gleichzeitig bitten wir auch um deren Respektierung, wenn sich unsere Auffassung nicht mit den Wünschen und Zielen von ihnen deckt.

 

 

"Wohnungspolitik steht wieder in der Aufmerksamkeit einer breiteren Bevölkerung.

War dieses Thema vor zehn und mehr Jahren noch das Problem von einigen weniger dauerhaft wachsenden Großstädten, so hat sich die Betroffenheit inzwischen auf weite Teile der Bevölkerung in vielen Regionen ausgedehnt.

 

So auch bei uns, im Ballungszentrum Rhein-Neckar-Kreis, auch in Edingen-Neckarhausen.

 

Die oft geäußerten Fragen "weißt Du eine Wohnung für meine Tochter/meinen Sohn" oder "weißt Du, wer ein kleines Häuschen verkauft", sind allgegenwärtig.

 

Das Wohnen ist teurer geworden. Wer eine Wohnung sucht, muss lange suchen. Und, die Immobilenpreise im Zeitalter der Niedrigzinsen galoppieren davon.

 

Vor allem im Marktsegment der preiswerten Mietwohnungen bestehen in den Ballungsräumen, und da gehören wir längst dazu, deutliche Nachfrageüberhänge.

 

Die Notwendigkeit, die Zahl der mietpreisgebundenen, der finanziell erschwinglichen Wohnungen und bezahlbaren Hausbau auf Erbpachtbasis zu erhöhen, macht eine Steigerung der Neubauzahlen im sozialgeförderten Mietgeschosswohnungsbau und Hausbau auf Erbpacht dringend erforderlich.

 

Um den Neubau auszudehnen, werden Flächen benötigt. Hier liegt unseres Erachtens das Aufgabenfeld einer kommunalen Bauland- und Liegenschaftspolitik.

 

Lückenbebauung im Innenbereich oder Abrundung bereits bebauter Randflächen auf ausschließlich privatem Gelände reichen hier bei weitem nicht aus. Die von uns beabsichtigten Effekte lassen sich damit nicht bewerkstelligen.

 

Die Schaffung von Baurechten und die Vergabe öffentlicher Grundstücke muss an die Notwendigkeit des sozialen Wohnungsbaus geknüpft werden.

 

Soweit in den Ballungsräumen und attraktiven Städten und Gemeinden von privater Hand oder Bauträgern Wohnungen gebaut wurden und werden, konzentriert sich die Bautätigkeit vor allem auf den Bau von Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen im oberen Preissegment. Trotz anhaltender Bautätigkeit auch in den Nachbargemeinden bleibt die Nachfrage nach Wohnungen hoch und der Geldbeutel vieler Familien, Rentner und Studenten gibt für die verlangten Mieten nicht genug her.

 

Im preiswerten, vor allem im öffentlich geförderten Marktsegment wurde und wird deutlich zu wenig gebaut. Da können wir uns in unserer Gemeinde nicht davon ausnehmen. Es ist schon Jahrzehnte her, dass wir als Gemeinde in diesem Segment aktiv gewesen waren. Eine weitere Zurückhaltung erhält uns nicht unser vermeintliches Paradies zwischen den beiden Großstädten Mannheim und Heidelberg. Der Nachfragedruck wird auch im Ort zu weiter steigenden Mietpreisen führen.

 

Die Angebotslücke im mittleren und preiswerten Marksegment hat in den letzten Jahren zu einer Mietentwicklung geführt, von der inzwischen nicht nur einkommensschwache Haushalte, sondern auch Haushalte mit mittleren Einkommen finanziell überfordert werden.

 

Beim Bemühen, die benötigten Wohnbauflächen zügig bereit zu stellen, sind auch uns enge Grenzen gesetzt.

 

Schwer auflösbare Zielkonflikte mit den zweifellos berechtigten Belangen des Umwelt-, Immissions- und Artenschutzes erschweren die Innenentwicklung.

 

Flächensparziele / wer gibt die vor? begrenzen die Handlungsoptionen für eine ergänzend erforderliche, behutsame Außenentwicklung.

 

Bei allem Bemühen, die benötigten Wohnbauflächen im Innenbereich durch Brachflächennutzung, Nachverdichtungen, Aufstockungen etc. verfügbar zu machen, ist eine Inanspruchnahme von Flächen im Aussenbereich nach unserer Einschätzung  nicht zu vermeiden. Auch wir haben in den letzten Jahren auf Innenentwicklung gesetzt. Mietpreisdämpfend hat das nicht gewirkt. Sozialer Wohnungsbau ist nicht dazu gekommen. Und dann ist Innenverdichtung nicht unbedingt als Zauberformel anzusehen. Bisher profitieren unsere Bürger von im Innenbereich luftigen Quartieren. Die sollten nichtleichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

 

Um das ganze zusammen zu fassen: Angesichts vielfältiger Hürden für die Innenentwicklung und der gleichzeitigen Tabuisierung der Außenentwicklung können wir der berechtigten Erwartung, zusätzliches Wohnland zügig und rechtssicher bereit zu stellen, eigentlich kaum gerecht werden.

 

Wenn ich sage "eigentlich", dann könnten wir in unserer Gemeinde heute daran gehen, Wohnraum zu schaffen.

 

Vor dem Hintergrund der vorherrschenden Debatte um Schrumpfung und Wohnungsleerstände wurde und wird dem Bevölkerungszuwachs und der sich abzeichnenden Verknappung des Angebots an bezahlbarem Wohnraum in unserer Gemeinde zu wenig Beachtung geschenkt. Die ohnehin bestehende Mangellage wurde auch durch die große Zahl von Migranten und Flüchtlingen in den beiden vergangenen Jahren weiter verschärft.

 

Die augenblicklichen Erfahrungen lehren uns: eine erfolgreiche Wohnungspolitik benötigt einen langen Atem. Bezahlbarer Wohnraum in ansprechender Qualität und in gemischten, attraktiven Quartieren lässt sich nicht von heute auf morgen schaffen.

 

Daher ist es notwendig, die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum als Pflichtaufgabe in den Blick zu nehmen.

 

Wir sehen in der Bebauung des "Mittelgewanns" die Chance, innerhalb eines mittelfristig überschaubaren Zeitfensters auch finanziell erschwinglichen Wohnraum anbieten zu können.

 

Warum mittelfristig: Bis alle gesetzlich vorgegebenen Schritte gemacht sind, ist vor dem Jahr 2019 wohl kaum mit dem Startschuss zu rechnen.

 

Zurück zum fehlenden Wohnraum und den damit verbundenen Ästen und Verzweigungen zum Baurecht und zur finanziellen Umsetzung.

 

Unser dazu vor Monatsfrist erstellter Fragenkatalog war auf eben dieses Ziel ausgerichtet und hat durch die gegebenen Antworten uns bestärkt, daran weiter zu arbeiten.

 

Die heute zu beratenden Anträge unserer Fraktion, welche der Verwaltung zur Kenntnisnahme und den Fraktionen rechtzeitig vor deren Beratungen zugegangen sind, haben aus den zugegeben weichen Antworten der Verwaltung harte Forderungen unsererseits werden lassen.

 

Wir können unsere Anträge nochmals wiederholen, können aus Zeitgründen aber auch darauf verzichten, da wir sie als bekannt ansehen.

 

Zusammenfassend: Was ist also unser Antrieb zur Zustimmung:

 

Nur in einem flächenmäßig großen Bauland und mit dem damit verbundenem großem Gemeindeanteil sehen wir die Chance, unsere Ziele umsetzen zu können, nämlich Familien, Rentnern und Studenten, Einwohnern aus Edingen-Neckarhausen und Rückkehrwilligen die Möglichkeiten zum finanziell vertretbaren Miet- oder Pachtpreis zum Wohnen zu geben.

 

Bei einer abschnittsweisen Umsetzung und dem damit einhergehenden kleinen Gemeindeanteil bleiben diese Zielgruppen weiterhin aussen vor. Das kann und darf nicht unser Anliegen sein".